E-Health

Wenn digitale Medizin bei Schlaganfällen eingesetzt wird

Digitale Medizin: Besser Daten als Patienten durch die Gegend schicken. © Image Point Fr @ Shutterstock.com

Der Weg zum nächsten Facharzt auf dem Land ist weit und alte Menschen sind oft nicht mobil. Abhilfe kann die digitale Medizin schaffen, bei der Daten statt Patienten durch die Gegend geschickt werden. 

Erst waren die Kopfschmerzen, dann das Kribbeln in der Lippe, der Nase und der Zunge. Außerdem ein Taubheitsgefühl in der linken Körperhälfte. Die linke Gesichthälfte war plötzlich wie eingefroren. Laut Aussage seiner Frau stammelte der Patient nur noch sinnloses Zeug. Als der Notarztwagen das kleine Dorf in Bayern erreicht, hat der Notarzt schnell einen Verdacht: Schlaganfall.

Besser Daten als Patienten durch die Gegend schicken

Die nächste Klinik mit einer sogenannten Stroke Unit, einer auf Schlaganfallpatienten spezialisierten Station, ist zu weit weg. Wichtige Zeit geht somit verloren. Zum Glück ist die regionale Klinik Teil des Projekts TEMPiS (TeleMedical Project for integrative Stroke Care) und damit eine von 15 regionalen Kliniken in Bayern, die mit Schlaganfallspezialisten in München und Regensburg vernetzt sind.

Wenn der Spezialist zum Patienten kommt

Noch während der Notaufnahme wird dafür ein Schlaganfallexperte per Videokonferenz zugeschaltet. So kann der Neurologe mit dem Patienten sprechen und ihn gemeinsam mit dem Arzt vor Ort untersuchen. Zeitgleich mit dem Arztgespräch werden Computertomographie-Bilder des Patienten in Sekundenschnelle in die Stroke Unit überspielt. Der Schlaganfallexperte beurteilt den Fall und kann mithilfe des Internisten vor Ort innerhalb von wenigen Minuten entscheiden, ob eine Lysetherapie durchgeführt werden soll.

Durch die Verabreichung eines Medikamentes wird dabei das Blutgerinnsel aufgelöst, das für den Schlaganfall verantwortlich ist. Allerdings muss die Therapie schnell erfolgen. Desto schneller das Medikament verabreicht wird, desto besser sind die Erfolgsaussichten.

Schlaganfallspezialisten für alle

Durch das Telemedizin-Projekt konnte in den teilnehmenden Kliniken die Zeit von der Klinikaufnahme bis zur Lyse halbiert werden. Insgesamt konnten 80 Prozent der Patienten innerhalb einer Stunde eine Lyse erhalten. Ein großer Erfolg: die US-Schlaganfallgesellschaft fordert 50 Prozent. Die Neurologen begründen den Erfolg damit, dass mittels Telemedizin das Stroke-Unit-Konzept auch auf regionale Krankenhäuser ausgeweitet werden konnte. Der Modellversuch zeigt, welches Potential in telemedizinischen Anwendungen steckt.

Warum Deutschland Entwicklungsland ist

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Telemedizin in Deutschland besteht zurzeit noch aus vielen Einzel-Ansätzen. Ein Nebeneinander verschiedener „Insellösungen“ erschwert die digitale Vernetzung; es fehlt eine einheitliche Strategie.

Bislang scheitert die digitale Vernetzung an einer gesicherten Finanzierung durch die Krankenkassen. Ein weiterer Grund sind Ängste und Resentiments u.a. in der Ärzteschaft. Patienten stehen der Telemedizin laut einer Umfrage der Techniker Krankenkasse deutlich aufgeschlossener gegenüber: 37 Prozent wären zu einem Videogespräch mit ihrem Arzt bereit, um abzuklären, ob sie bei ihm einen Termin machen sollen.

Es ist also an der Politik die Weichen zu stellen. Denn ohne Telemedizin wird der Ärztemangel auf dem Land nicht zu bekämpfen sein.