Warum sich Ärzte und Patienten noch gegen eHealth sträuben
E-Health in Deutschland ist im europaweitem Vergleich Schlusslicht. © xtock @ Shutterstock.com

Warum sich Ärzte und Patienten noch gegen eHealth sträuben

eHealth ist die wichtigste Entwicklung im Gesundheitswesen, doch Ärzte sowie Institutionen zögern bei Digitalisierung und Vernetzung der Patienten. Um im europaweitem Vergleich mithalten zu können, muss der Standort Deutschland die zukunftsweisende Technik einsetzen.  

Die Digitalisierung wird das Gesundheitswesen nachhaltig verändern: soviel steht fest. Der wachsenden Weltbevölkerung und der demografischen Entwicklung in den Industriestaaten ist nur mit telemedizinischen Angeboten zu begegnen. Über die Vorteile von eHealth sind sich die Experten einig, doch in der Umsetzung hapert es.

Digitalisierung und Vernetzung sind im deutschen Gesundheitswesen unzureichend

Deutschland hinkt im internationalen Vergleich hinterher und ist laut der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers (PwC) europaweit Schlusslicht. Deutsche Krankenhäuser nutzen die Chancen der Digitalisierung und Vernetzung bislang nur unzureichend. Insbesondere bei der elektronischen Übermittlung von Befunden, Patientenbriefen und Laborergebnissen an Ärzte, Krankenversicherungen oder andere externe Akteure sind Kliniken im europäischen Ausland weiter, wie der im Auftrag der Europäischen Kommission erstellte „European Hospital Survey – Benchmarking Deployment of eHealth Services“ von PwC zeigt.

Historisch gewachsenen Strukturen in der Gesundheitswirtschaft verhindern Telemedizin

Die Zukunft gehört der Telemedizin. Also Formen von “Ferndiagnose bzw. Fernbehandlung” bei der Arzt und Patient räumlich getrennt sind und nur über Telekommunikation in Kontakt stehen. Die Wichtigkeit von Telemedizin gerade auch für die Versorgung ländlicher Gebiete betonte auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe bei der Eröffnung der eHealth Conference in Hamburg: „Es gibt schon heute gute Beispiele dafür, wie die Telemedizin die Versorgung von Patienten verbessern kann – etwa bei der Behandlung nach einem Schlaganfall oder bei der medizinischen Begleitung chronisch kranker Menschen. Wir müssen die Chancen, die eHealth für eine bessere Qualität der Versorgung bietet, noch stärker nutzen. Wie ein Straßennetz soll die Telematikinfrastruktur die Beteiligten im Gesundheitswesen verbinden, damit die medizinischen Informationen, die für eine Behandlung wichtig sind, schnell, sicher und unbürokratisch ausgetauscht werden können. Das nutzt in erster Linie den Patienten.“

Telemedizinische Anwendungen bieten in der Arzt-Patienten-Kommunikation ganz neue Möglichkeiten. Das Arztgespräch findet nicht länger in der Praxis, sondern via Skype statt. Bei chronischen Krankheiten wie Diabetes sind eine regelmäßige Kontrolle der Vitalwerte und der Austausch mit dem Arzt besonders wichtig. Wie vorteilhaft die Verbindung von Mobile-Health-Produkten und Telemedizin sein kann, zeigt ein Beitrag des WDR.

Doch auch wenn Telemedizin bereits in Deutschland zum Einsatz kommt: die eingangs erwähnte Studie von PwC zeigt, wie weit Anspruch und Wirklichkeit hier noch auseinander klaffen. In Deutschland liegt das an den historisch gewachsenen Strukturen in der Gesundheitswirtschaft. Zu viele verschiedene Interessen behindern eine flächendeckende Vernetzung der Institutionen.

Ist fehlender Datenschutz das Problem?

“Fehlanzeige #eHealth – wann wacht Deutschland aus seinem Dorn­rös­chen­schlaf auf?“

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Kassenärztlichen Vereinigungen, Ärzte, Krankenkassen und Pharmaindustrie konnten und wollten sich nicht einigen und verhinderten über Jahre die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte in Deutschland. Erst zum Jahreswechsel 2015 wird diese endgültig Pflicht. Sie bietet die nötigen Voraussetzungen, um Patientendaten von Arzt zu Arzt zu übermitteln und wichtige Notfalldaten abzuspeichern. Doch nach wie vor stellt der Datenschutz das größte Hindernis da. Bislang werden nur die Verwaltungsdaten der Versicherten – wie bei der Krankenversichertenkarte – verpflichtend auf der Gesundheitskarte gespeichert. Alle anderen Angaben sind freiwillig. Der Patient bestimmt selbst, ob und in welchem Umfang er eine Anwendung wie die Notfalldaten nutzen wird, ob er die Karte zur Dokumentation seiner Organspendebereitschaft einsetzt oder später einmal die elektronische Patientenakte nutzt. Voraussetzung ist, dass die Anwendungen sich in Praxistests bewähren und die strengen Sicherheitsregeln einhalten.

Wie sieht die Zukunft für eHealth in Deutschland aus?

Ob eHealth in Deutschland eine Erfolgsgeschichte wird, hängt nicht zuletzt von den Patienten ab. Wenn sie sich bereit erklären ihre Gesundheitsdaten digital zur Verfügung zu stellen, wird das nicht nur die Kommunikation mit dem Arzt, sondern auch der Ärzte untereinander erheblich vereinfachen. Doch hierfür muss erst einmal Aufklärung in Bezug auf Daten und Sicherheit, Vorteile und Nutzen stattfinden. Die Zukunft liegt aber nicht alleine in den Händen der Patienten. Von seitens der Politik muss sich langfristig mit der zukunftsweisenden Technik auseinandergesetzt werden, damit die alte Strukturen in der Gesundheitswirtschaft brechen. Investitionen müssen in Forschung gleichermaßen getätigt werden wie in neu gegründete Unternehmen in diesem Sektor. Praxen, Krankenhäuser etc. pp müssen mit den neuen Techniken anvertraut und ausgestattet werden. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg, den es jetzt heißt einzuschlagen. Es wäre doch schade, wenn wir – das Land der Innovation und Technik – diese Chance verpassen und aus dem Dornröschenschlaf erst aufwachen, wenn es zu spät ist.

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