Rettet Telemedizin das deutsche Gesundheitssystem?
Wird Telemedizin eine Veränderung im deutschen Gesundheitssystem bringen? @ Levent Konuk @ Shutterstock.com

Rettet Telemedizin das deutsche Gesundheitssystem?

Experten gilt die Telemedizin als Allheilmittel gegen die Probleme im deutschen Gesundheitssystem. Selbst die Bundesregierung verspricht sich von telemedizinischen Anwendungen einen großen Nutzen für ländliche und strukturschwache Gebiete. Doch zunächst müssen Hindernisse überwunden werden. 

Nicht nur in Deutschland bedrohen die Folgen der demografischen Entwicklung das Gesundheitssystem. Die Geburtenrate ist niedrig und die Lebenserwartung immer höher. Die Bevölkerung wird zunehmend älter. Vor allem in ländlichen und strukturschwachen Regionen führt das zu Problemen.Vielen Experten in Deutschland gilt die Fernbehandlung als Wundermittel gegen die drängenden Probleme im Gesundheitssystem. Doch die westlichen Industrieländer stehen vor großen Herausforderungen.

Die vier drängenden Probleme im Gesundheitssystem

  • Die gestiegene Lebenserwartung der Menschen führt zu einer immer älter werdenden Bevölkerung mit chronischen Erkrankungen.
  • Die demografische Entwicklung führt außerdem zu einer geringen Arztdichte auf dem Land, da es junge Ärzte immer häufiger in die Stadt zieht.
  • Dementsprechend schwierig wird auch die Behandlung der älteren wenig mobilen Patienten.
  • Hinzu kommt die zunehmende Spezialisierung der Ärzte – Befunde liegen oft bei verschiedenen Medizinern vor.

Warum tut sich Deutschland bei der Telemedizin so schwer?

Mit telemedizinischen Anwendungen scheint ein probates Mittel gegen diese drängenden Probleme gefunden zu sein. Doch noch scheitert die Fernbehandlung an § 7 der (Muster)-berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte.

Dort heißt es unter Absatz 4: “Ärztinnen und Ärzte dürfen individuelle ärztliche Behandlung, insbesondere auch Beratung, nicht ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien durchführen. Auch bei telemedizinischen Verfahren ist zu gewährleisten, dass eine Ärztin oder ein Arzt die Patientin oder den Patienten unmittelbar behandelt.”

Für viele deutsche Ärzte ist dies mehr als nur eine Rechtsgrundlage, es ist ein Glaubensgrundsatz. Sie sehen ihren Berufsethos gefährdet. Franz Bartmann, Vorsitzender des Telematik-Ausschusses der Bundesärztekammer (BÄK), sagt: „Da, wo ein Arzt mit seinen fünf Sinnen mit einem Patienten in Kontakt treten muss, ist er durch Telemedizin nicht ersetzbar.“ Hinzu kommt die Angst nicht länger benötigt zu werden. Wenn ein Allgemeinmediziner gemeinsam mit einem Spezialisten aus der Ferne die Behandlung übernimmt, wird der Facharzt vor Ort nicht länger gebraucht. Bislang werden auch nur ganz wenige telemedizinische Leistungen von den Krankenkassen bezahlt. Viele der Projekte beruhen auf Eigeninitiative oder Forschungsgeldern.

Vielversprechende Ansätze machen Mut

Während Deutschland am Fernbehandlungsverbot festhält, zeigen sich europäische Länder wie die Schweiz und England liberaler in Bezug auf Telemedizin. Vor allem in den skandinavischen Ländern verteilen sich wenige Bewohner auf riesige Gebiete. Die Menschen müssen daher oft weite Wege zum nächsten Arzt in Kauf nehmen. Deshalb hat man in diesen Ländern früh auf eHealth-Lösungen gesetzt. Doch auch in Deutschland gibt es bereits einige vielversprechende Änsätze.

Hier kommt Telemedizin in Deutschland zum Einsatz

Da Fachärzte auf dem Land immer rarer werden und der Weg zum nächsten Experten oft weit ist, werden jetzt per Videokonferenz Spezialisten hinzugeschaltet und helfen beispielweise bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten.

Um die Versorgung der immer älter werdenden Bevölkerung auch weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten, entstehen Geriatrie-Netzwerke. Kliniken sowie Haus- und Fachärzte arbeiten hier mit Altenheimen und ambulanten Pflegediensten Hand in Hand. Alle Einrichtungen haben Einblick in eine elektronische Fallakte, in der alle Informationen zur Medikation und zur Wundversorgung von den Ärzten dokumentiert wird. So werden Doppel-Medikationen und unnötigen Krankenhausaufenthalte vermieden.

“Wunschglaube oder Wundermittel: Rettet die #Telemedizin das deutsche Gesundheitssystem? #eHealth“

Twittern WhatsApp
Auch für die Versorgung chronisch kranker Menschen z.B. mit Herzinsuffizienz bietet die Telemedizin ganz neue Möglichkeiten: sie können ihre Werte bequem von zu Hause aus messen. Die Daten werden dann automatisch an ein telemedizinisches Zentrum geschickt. Dort prüfen Mediziner die Blutdruckwerte und andere Gesundheitsparameter, beispielsweise Gewicht oder EKG und schlagen im Notfall Alarm. Die älteren und wenig mobilen Patienten müssen so nicht mehr so oft persönlich in die Praxis. Das spart Zeit und Geld und obendrein auch Wartezeit bei akut kranken Patienten.

Soll Gesundheit auch in Zukunft für alle bezahlbar bleiben, muss die Politik die Probleme und die Chance anpacken. Jeder hat die Chance darauf, auch in Zukunft die beste Medizin zu erhalten – egal wie alt man ist und egal ob man in der Stadt oder auf dem Land wohnt.

 

Retweets

Jetzt tweeten

Wie fühlen Sie sich nach der Lektüre dieses Blogbeitrags?

Kommentare zu "Rettet Telemedizin das deutsche Gesundheitssystem?"