Telemedizin: Wie digital ist das deutsche Gesundheitswesen?
eHealth in Deutschland: Wie digital ist unser Gesundheitswesen? © Rocketclips, Inc. @ Shutterstock.com

Telemedizin: Wie digital ist das deutsche Gesundheitswesen?

Dank Telemedizin können Terminprobleme und Wartezeiten der Vergangenheit angehören. Denn der Arzt kommt zu uns nach Hause: via Videokonferenz. Ein Blick auf die aktuelle Lage stellt das Gesundheitswesen jedoch vor Herausforderungen und Hindernisse. 

eHealth, die digitalisierte Medizin, wird das Arzt-Patienten-Verhältnis neu definieren und die Gesundheitsversorgung revolutionieren. Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte wagt in der aktuellen Studie „Healthcare and Life Sciences. Predictions 2020. A bold Future?” einen Blick in die Zukunft des Gesundheitswesens. Die Studie wurde vom Deloitte UK’s Centre for Health Solutions in Zusammenarbeit mit dem US Center for Health Solutions in Washington erarbeitet. In dem Report werden Vorhersagen getroffen wie die Gesundheitsbranche in 5 Jahren aussehen könnte. Vor allem die immer älter werdende Weltbevölkerung wird das Gesundheitssystem vor nie da gewesene Herausforderungen stellen. Laut Studie wird 2020 jeder zehnte Bewohner dieses Planeten älter als 65 Jahre sein.

Die Digitalisierung und das zunehmende Altern der Weltbevölkerung bescheren der Gesundheitswirtschaft in den nächsten Jahren konstantes Wachstum. Das höchste Wachstum erwarten die Wirtschaftsprüfer für Afrika und den Mittleren Osten (8,7 Prozent), in Westeuropa soll es bei 2,4 Prozent liegen. Mit einem Großteil der Investitionen wird die Telemedizin ausgebaut werden.

Wie versteht die Politik Telemedizin?

Der Behandlungsort wird sich laut der Studie von den Kliniken ins eigene Zuhause verlagern. Telemedizin ist der Schlüssel. Bei einem Vortrag im Herzpark Hardterwald in Mönchengladbach verwendet Bundesgesundsheitsminister Hermann Gröhe die Begriffe eHealth und Telemedizin synonym.

Der Gesundheitsminister versteht unter eHealth den Einsatz von audiovisueller Kommunikationstechnologie zur Diagnostik, Konsultation und medizinischen Notfallversorgung. So verstanden basiert eHealth maßgeblich auf digitalem Datenaustausch: dem Transfer von Patientendaten zwischen Ärzten und anderen Teilnehmern der Gesundheitswirtschaft wie Krankenkassen und Apotheken.

Telemedizin: Welche Herausforderungen und Vorteile gibt es?

Neben Datenschutzbedenken von Patientenseite scheitert eine umfassende Vernetzung auch an der Gesetzgebung. So ist zum Beispiel eine telemedizinische Fernbehandlung in Deutschland gesetzlich nicht zulässig. Telemedizin darf aktuell nur zur Überwachung von Patienten und zur Konsultation zwischen Ärzten eingesetzt werden. Um eine medizinische Diagnose zu stellen und therapeutische Maßnahmen einzuleiten, muss grundsätzlich ein Arzt beim Patienten vor Ort sein.

Aber auch ein solches Modell könnte dabei helfen, die Versorgung in ländlichen Gebieten mit einer geringen Arztdichte sicherzustellen. Wer einen Spezialisten braucht, muss oftmals weite Wege in Kauf nehmen. Denn spezialisierte Fachärzte haben ihre Praxen häufig in Ballungsräumen. Telemedizin kann hier Abhilfe schaffen und Arzt und Patient zusammenführen. Fachärzte könnten ihr vertieftes Wissen an die Praxen in den ländlichen Regionen weitergeben. Der Arzt vor Ort führt die Behandlung durch und der Spezialist steht ihm und dem Patienten beratend zur Seite. Noch gibt es für solche Fälle allerdings kein einheitliches Abrechnungsmodell bei den Krankenkassen.

Was muss getan werden, damit eHealth in Deutschland ein Erfolg wird?

Wenn große Datenmengen zwischen den verschiedenen Teilnehmern im Gesundheitssystem ausgetauscht werden sollen, müssen auch Hard- und Software den Herausforderungen gewachsen sein. Die Bundesregierung muss den Breitbandausbau vorantreiben, aber auch die Softwareentwickler und die Akteure der Gesundheitswirtschaft selbst sind gefragt.

Die im Auftrag der Europäischen Komission erstellte Studie „European Hospital Survey – Benchmarking Deployment of eHealth Services“ verdeutlicht, woran es in Deutschland besonders mangelt. Ein umfassender elektronischer Datenaustausch scheitert hier oft bereits an der IT-Infrastruktur: Nur sechs Prozent der Kliniken mit Notaufnahmen sind mit anderen Teilnehmern des Gesundheitswesens auf regionaler bzw. nationaler Ebene vernetzt.In Dänemark, Island und Schweden sind hingegen fast 50 Prozent der Kliniken so ausgestattet, in der EU insgesamt sind immerhin 15 Prozent der Krankenhäuser in ein zusammenhängendes IT-Gesundheitsnetzwerk eingebunden. Hinzu kommt, dass die Software-Hersteller in ihrer Wettbewerbssituation nicht an einer Standardisierung der Software interessiert sind.

“Der #Telemedizin gehört die Zukunft. Doch Deutschland hinkt hinterher. #eHealth“

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Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe möchte deshalb mit dem angekündigten eHealth-Gesetz die nötigen Rahmenbedingungen schaffen. Investitionen in interoperable Systeme (verschiedene Systeme, die nahtlos zusammenarbeiten) sollen eHealth auch in Deutschland den Weg ebnen. Nur so kann die Versorgung der alternden Gesellschaft auch in Zukunft sicher gestellt werden und bezahlbar bleiben. Doch die Zeit rennt. Die Studie zeigt, dass vor allem die skandinavischen Länder schon wesentlich weiter sind. Hier sollte sich Deutschland ein Beispiel nehmen, um das Gesundheitssystem zukunftssicher zu machen.

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