CARDIOGO: Eine App, die Leben retten kann?
Die CARDIOGO App soll als Herzspezialist in der Hosentasche dienen. © Peshkova @ Shutterstock.com

CARDIOGO: Eine App, die Leben retten kann?

In England und in der Schweiz gehört Telemedizin zum Alltag. Aber auch in Deutschland werden immer mehr medizinische Online-Leistungen wie die App CARDIOGO angeboten. Doch was kann sie?

Telemonitoring – Überwachung rund um die Uhr

Bei Herzerkrankungen ist die Fernüberwachung, auch Telemonitoring genannt, längst gängige Praxis. So senden beispielsweise Herzschrittmacher „Vitalparameter“ wie Herzfrequenz, Herzrhythmus oder den Sauerstoffgehalt im Blut automatisch an ein Datencenter. Täglich werden diese Daten von geschultem Personal überwacht und ausgewertet. Bei technischen Problemen oder einer Verschlechterung der Herzleistung werden Patient und Hausarzt rechtzeitig informiert, sodass unter Umständen ein Krankenhausaufenthalt vermieden werden kann. Das gibt den Patienten zusätzliche Sicherheit und spart Kosten.

CARDIOGO App als Herzspezialist in der Hosentasche

Vor allem Herzpatienten, die bereits einen Infarkt erlitten haben, fühlen sich oft unsicher. Trotz moderner Behandlungsmethoden und Telemonitoring bleibt die Sorge, im Ernstfall nicht schnell genug Hilfe zu bekommen. Bei Ausflügen oder im Urlaub schwingt immer die Angst vor einer erneuten Herzattacke mit.

Der Hamburger Kardiologe Dr. med. Jens Beermann hat diese Versorgungslücke erkannt und daraus ein Geschäftsmodell entwickelt. Gemeinsam mit einem Netzwerk aus Kardiologen betreibt er den Bereitschaftsdienst CARDIOGO. Das Angebot: ein mobiles EKG-Gerät für den Hausgebrauch, eine digitale Patientenakte und ein rund um die Uhr erreichbarer Herzspezialist.

Sicherheit hat seinen Preis

Wer bereit ist den Mitgliedsbeitrag von 175 Euro im Monat oder 1975 Euro im Jahr zu bezahlen, bekommt dafür einen Kardiologen zum Abruf. Allerdings sind in der Mitgliedschaft nur zwei Anrufe pro Jahr inbegriffen. Jeder weitere Anruf kostet 94,54 Euro zusätzlich. Mitglieder erhalten ein Starter-Pack mit einem mobilen EKG-Gerät, zwölf Klebeelektroden und Kabelsätze für ein 1-Kanal-EKG sowie für ein vollwertiges 12-Kanal-EKG in Krankenhausqualität.

Das EKG-Gerät hat die Größe einer Streichholzschachtel und lässt sich über das mitgelieferte USB-Kabel aufladen. Während des ersten Gespräches mit dem Arzt wird zunächst die Krankengeschichte erfasst und in der digitalen Patientenakte gespeichert. Von da an hat jeder der 22 für CARDIOGO tätigen Kardiologen Zugriff auf die Patientenakte mit Hinweisen auf Vorerkrankungen, Allergien und Medikamente. In einer Notsituation kann der Patient mit dem mobilen EKG-Gerät ein Elektrokardiogramm aufzeichnen, das automatisch in der mitgelieferten Cardiogo-App gespeichert wird.

Der Kardiologe ist nur einen Klick entfernt

Mit einem Klick kann über die App der Kardiologe kontaktiert werden. Der Mediziner hat je nach Schwere des Vorfalles drei verschieden Optionen. Ist die Diagnose harmlos gibt er Entwarnung, bei einer Auffälligkeit kann er die Kontrolle durch einen niedergelassenen Arzt empfehlen. Liegt ein akuter Notfall vor, wird umgehend ein Notarzt informiert und der genaue Aufenthaltsort sowie die gesundheitliche Situation durchgegeben.

Die CARDIOGO App bietet außerdem eine Suchfunktionan, über die bundesweit der nächste niedergelassene Kardiologe in der Nähe oder ein Krankenhaus mit zertifizierter kardiologischer Ambulanz (einer sogenannten Chest Pain Unit) angezeigt wird. In einer akuten Notfallsituation können auf Wunsch Angehörige oder der Hausarzt informiert werden.

CARDIOGO: Garantierte Sicherheit oder Abzocke?

“CARDIOGO verspricht Herzpatienten einen 24h-Kardiologen. Zusätzliche Sicherheit oder Abzocke?“

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Man kann den Ärzten von CARDIOGO vorwerfen, dass sie mit der Rufbereitschaft eine trügerische Sicherheit suggerieren. Eine  Sicherheit, die es bei herzkranken Patienten nicht gibt und auch nicht geben wird.

Böse Zungen könnten behaupten, dass hier Geld mit den Ängsten der Patienten gemacht wird. Andererseits – was spricht dagegen, wenn jemand bereit ist 175 Euro im Monat zu investieren, damit er seine Freizeit sorgenfrei genießen kann. Eigentlich nichts. Und doch wird an diesem Beispiel einmal mehr deutlich, dass eine hochwertige medizinische Versorgung und damit auch Gesundheit immer mehr eine Frage des Geldes werden.

Die Online-Medizin schafft dafür einen neuen Markt. Einen neuen Markt für medizinische Zusatzleistungen, die von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen werden. Die Schere geht damit weiter auseinander – in Richtung einer Zwei-Klassen-Medizin.

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